Claudia Gutting
Hamburg

27 Immer wieder sonntags

Was gibt es schöneres als ein Sonntag Vormittag auf der Lieblingsinsel!


Startpunkt: Alter Elbtunnel an den Landungsbrücken

Auf die Lieblingsinsel? Damit ist weder Sylt noch Bornholm gemeint. Sondern - Wilhelmsburg! Ja wirklich! Eine außergewöhnliche Insel im Herzen von Hamburg. Mit Multicouleur! Eine Mixtur aus Hafen, Eventlocation, Museum, Naturschutzgebiet, Kleingärten, Wohnbebauung und Windmühle.

Für unseren Besuch müssen wir die größte Binneninsel Europas betreten. Angeblich nach Manhattan die zweitgrößte bewohnte Flussinsel der Welt. Tatsächlich? Wilhelmsburg liegt im Elbstromspalt zwischen Norder- und Süderelbe. Rundherum und zwischendurch also viel Wasser.

Die ideale Zeit für eine Entdeckungstour ist ein früher Sonntagvormittag. Einerseits wird man dann nicht von dominanten Sattelschleppern durch die Hafenanlagen gejagt und andererseits lassen die Museums- und Musicalbesucher noch auf sich warten. Partiell ein bisschen unheimlich, so zwischen Lagerschuppen und einsamen Kaianlagen. Daher ist ausnahmsweise ein Auto empfehlenswert. Oder ein Fahrrad, aber dann gerne mit Begleitung.

Zu Fuß oder mit Fahrrad starten wir an den Landungsbrücken. Entweder können wir durch den alten Elbtunnel Wilhelmsburg betreten oder mit der Fähre die Elbe queren bis zum Musicalboulevard. Gleich zu Beginn staunen wir über den wunderbaren Blick auf die Elbphilharmonie und die wimmelige Hafenpromenade. Ach ja, früh am Sonntag ist noch Fischmarkt. Auf unserer Uferseite ist es ruhig. Einen Parkplatz finden wir am Musicalboulevard um diese Zeit auch ohne Probleme.

Und nun?

Erst einmal durch das Hafengebiet, was den ganzen nördlichen Teil der Flussinsel ausmacht. Wir radeln kreuz und quer durch die Hafenanlagen, stehen häufig vor bewachten Werkstoren und lugen trotzdem neugierig über den Zaun auf die vertäuten Riesenschiffe. Dazwischen sitzen Angler direkt am Kai. Wir ahnen etwas von großer, weiter Welt mit viel Fisch. Zielgerichteter können wir auch zur Ernst-August-Schleuse fahren und die nähere Umgebung erkunden. Der Vormittag ist schon gleich um.

Dann zum Hafenmuseum. Hier ist die Viermastbark Peking festgemacht (siehe Urban Walk Nr.   2 Strandpartie ), die nach über 100 Jahren - inklusive einigen Kap-Hoorn-Umsegelungen und Jahrzehnten als Museumsschiff in Manhattan (!) - wieder nach Hause gekommen ist. Fernweh. Heimweh. Emotionen. So geht es weiter in die Ballin-Stadt, dem Auswanderermuseum auf der Veddel. Wahrscheinlich sind die Vorfahren von halb Nordamerika von hier aus in die Neue Welt gestartet.

Nach so viel Hafen und Geschichte suchen wir ein idyllisches Plätzchen zum Pausieren. Ahh, am besten besuchen wir die alte Holländerin Johanna. Angeblich die Schönste weit und breit. Eine richtige Hochzeitsmühle, hier erfüllen sich Schicksale. Wir verweilen auf den Holzbänken.

Dann aber zurück in die Zukunft. Wir fahren zum Energieberg Georgswerder und besteigen den interessanten Hügel. Wortwörtlich im Grunde die ehemalige Hamburger Mülldeponie. Ein schwungvoller Skywalk eröffnet uns ein phantastisches Panorama von Hamburg. Und wir lernen etwas über Hamburger Müll und ambitionierte Konzepte für Energiegewinnung.

Nach der Bergbesteigung bleiben wir in der Zukunft und fahren zum Inselpark. Hier können wir auf dem ehemaligen IGA-Gelände Architektur und Natur in neuen Dimensionen entdecken. An einem Haus blubbert eine (gift?) - grüne Chlorophyll-Lotion an der Außenfassade, andere stehen im Wasser und es gibt ein Wälderhaus. Vielleicht sind ein paar Liegestühle frei im Rosengarten oder am See ... sogar Kanus kann man ausleihen und die weitläufigen Wasserwege befahren.

Die Lieblingsinsel ist voller Überraschungen.

Es gibt hier sogar Gold. Viel Gold! Und zwar in der Brückenstraße Nr. 152 am nordwestlichen Rand. Denn dort finden wir eines der umstrittensten Kunstprojekte der letzten Jahre – die "Goldene Wand" auf der Veddel. Oh, toll! Mmmhh, echt? Egal, goldene Wände mag ich überall.

Irgendwann radeln wir zufrieden und glücklich zur S-Bahnstation Wilhelmsburg - nicht ohne einen Blick auf das spektakuläre, bunte Gebäude der Hamburger Umweltbehörde zu werfen. Ziemlich schwungvoll. Wir dagegen sind müde und freuen uns auf einen gemütlichen Sonntagnachmittag zuhause oder im Hotel. Die S-Bahn bringt uns zurück auf das Hamburger Festland.   

Moment! Einmal mindestens und gerne öfter fahren wir zum südlichsten Zipfel von Wilhelmsburg. Der Weg führt uns durch das Naturschutzgebiet Heuckenlock bis zur Bunthäuser Spitze. Hier trennt sich die Elbe in Norderelbe und Süderelbe, fließt oben und unten um Wilhelmsburg herum und kommt vor Altona wieder zusammen. Gekrönt wird der Inselzipfel durch ein kleines, altes Leuchtfeuer. Parken können wir auf dem Parkplatz Moorwerder Hauptdeich. Von da ist es ein kleiner Spaziergang auf der Deichkrone. Bäume und Schilf säumen den Weg und am Ende können wir den kleinen Leuchtturm besteigen. Totale Idylle mit Blick auf die Flusslandschaft. So schön.

Einmal reicht lange nicht. Daher immer wieder gerne an einem Sonntagvormittag


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