12 Grenzwertige Pfade
Bonjour! Heute wollen wir zu Café au Lait und Croissants durch den Bienwald nach Weißenburg fahren. Immer an der deutsch-französischen Grenze entlang.
Startpunkt: Bahnhof Steinfeld (Pfalz)
Ganz anders als alle anderen beginnen wir unseren Ausflug auf dem Parkplatz am kleinen Bahnhof von Steinfeld. Wir mogeln uns unter die wenigen P+R - Autos und laden die Fahrräder aus. Das kleine Steinfeld hat eine bewegte Geschichte. Wir sehen eine Infotafel mit den Stationen des Westwallweges.
Der Westwallweg? Bis nach dem zweiten Weltkrieg waren die Franzosen des Deutschen liebster Feind. Und umgekehrt. Mehrere Kriege durch die Jahrhunderte, Grenzscharmützel, feindliche Gesinnung. Hier in Steinfeld standen Panzersperren, Bunker und Geschütze. Benachbarte Dörfer haben sich per Befehl bekriegt. Ein paar Kilometer weiter in Scheibenhardt verläuft die Grenze noch immer mitten durch das Dorf.
Heute ist das alles nicht mehr zu verstehen. Ein Glück. Aber die deutsch-französische Freundschaft spielt hier noch immer eine große Rolle. Siehe auch Ausflug Nr. 1 Speyrer Brezel Man versucht zu gedenken. Einerseits durch Wege in die Geschichte. Andererseits durch Symbole wie den deutsch-französischen Radwanderweg entlang der Grenze. Da wollen wir hin. Aller hopp! Eigentlich Allez-hop! (Kommt von „aller“ in der Bedeutung von „gehen“, nicht zu verwechseln mit yallah!).
Ab dem Parkplatz fahren wir ein kurzes Stück auf der Bahnhofstraße in das Dorf, um dann links in einen kleinen Feldweg einzubiegen. Am Dorfrand stehen noch alte Panzersperren, auch Höckerlinie oder im Volksmund "Drachenzähne" genannt. Wir könnten jetzt rund um Steinfeld alle Westwallweg-Stationen abfahren. Oder später. Lieber erst einmal nach Frankreich.
Wir fahren den Feldweg einfach weiter bis nach Kapsweyer, dann scharf links hinunter Richtung Bahnstation Dann durch die idyllische Bruchbach-Otterbachniederung und über die Bahnstation Schweighofen … nach, voilà, Weißenburg. Oder Wissembourg. Besser noch Weissebursch. Den Grenzübertritt bemerken wir auf dem Radweg gar nicht. Obwohl, auf einmal ist es irgendwie anders. Anders französisch, aber dann doch wieder nicht. Im Zentrum von dem hübschen Grenzstädtchen versprechen uns die Schaufenster en passant Kougelhopf, Petit-Fours, Winzerkäse und Pasteten. Oje, Kalorien lauern überall. Ach pah, wir sind in Frankreich. Was soll's! Wir laufen ja schließlich noch durch die Altstadt. Zur Abteikirche mit schönem Kreuzgang, am Lauterkanal mit den blumengeschmückten, kleinen Brücken entlang und über die Grünanlagen der alten Stadtbefestigung zurück. Zurück zu Café au Lait und Truffes au chocolat. Froschschenkel und Schnecken kann man hier auch probieren. Bon Appétit!
Abhängig vom Wochentag und unabhängig von der Jahreszeit sind wir wahrscheinlich nicht die einzigen Touristen. Weißenburg ist ein beliebtes Ausflugsziel. Uns gefällt es hier auch. Aller früheren Feindschaft zum Trotz findet man traditionell hüben und drüben Elemente des anderen. Beispielsweise sprechen die Elsässer stolz ihr Elsässerdeutsch und in der Südpfalz gibt es französische Sprachelemente. Gnadenlos eingedeutscht. Man läuft auf dem Trottoir, sitzt auf dem Canape (sitzen, nicht essen, das wäre ein Canapé), nascht ein Bongbonglisch (Bonbon …) und sucht bei Regen den Parapluie. Merci hört man häufiger als danke, allerdings mit grauenhafter Betonung.
Die Zeit vergeht schnell. Etwas schwerfällig besteigen wir unsere Velos mit den zwei Pneus und radeln rückwärts. Der gleiche Weg bis zur kleinen Bahnstation Schweighofen. Dann - Achtung - rechter Hand über die Gleise und auf schnurgeraden Wegen in den Bienwald hinein. Der Bienwald ist ein Staatsforst, hat aber doch etwas geheimnisvolles. Und einsames. Irgendwann erreichen wir die einzige, kleine Straße, die an der Grenze entlang durch den Bienwald führt. Rechts geht es zur Bienwaldmühle, die direkt auf der Grenze steht. Drumherum nicht viel. Außer viel grün. Eine Einkehr wäre möglich. Oder wir fahren linker Hand zurück nach Steinfeld. Gerne abseits der Straße kreuz und quer auf befestigen Waldwegen. Am besten, solange es noch hell ist.
Merci und au revoir, wir kommen bestimmt noch einmal wieder!
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