Claudia Gutting
Hamburg

8 Hell und Freundlich

Unerwarteter Multikulturalismus an der Grenze von Dithmarschen.


Startpunkt: Weddingstedt

Heute machen wir einen Ausflug nach Holland. Mit einem Umweg über Ägypten. Aber zuerst suchen wir das Polarlicht. Klingt etwas verworren, lieber nochmal von vorn.

Wir verlassen die Perlebucht Richtung Heide und dann weiter nach Weddingstedt. Hier machen wir einen kurzen Zwischenstopp und besuchen die Mühle Aurora (übersetzt Polarlicht). Eventuell begrüßt uns der Besitzer der Mühle, der zu Recht stolz auf die Schöne ist. Ein erhabenes Gefühl, wenn die Flügel sich bewegen.

Gute Gefühle benötigen wir noch, denn unser nächstes Ziel ist der Geschlechterfriedhof in Lunden. Der Besuch beginnt ganz harmlos auf dem Parkplatz vor der kleinen Kirche. Drumherum ein paar grüne Hügel und alte Grabsteine. Allerdings … beim Annähern entdecken wir Eisenringe an den Grabplatten und kleine seitliche Öffnungen in der Erde. Was ist das?

Tja, die wohlhabenden Bauerngeschlechter ließen sich früher Grabgewölbe in die Erde mauern, die über Generationen immer wieder geöffnet und mit neuen Bewohnern bestückt wurden. Daher die Eisenringe, damit Pferde die Grabplatten wegziehen konnten. Und die Öffnungen sorgten für die Belüftung der unterirdischen Behausungen. Brrr. Grabkult fast wie im alten Ägypten. Natürlich nur für die Reichen, die Armen wurden namenlos in einem Massengrab verscharrt.

Nachdenklich verlassen wir die Grabhügel und fahren weiter nach Friedrichstadt. Dort ist es hell und freundlich. Das kleine Friedrichstadt hat nicht zur eine bemerkenswerte Architektur, sondern auch eine erstaunliche Geschichte.

Friedrichstadt wurde in der Barockzeit in der Mitte des 17. Jahrhunderts auf dem Reißbrett gegründet, daher auch die schachbrettartige Anlage der Altstadt. Ziel war die Entwicklung einer Handelsmetropole. Dazu versuchte man holländische Händler und Handwerker anzusiedeln. Die Architektur sollte ihnen ein Gefühl von Heimat vermitteln. Ungewöhnlich war die garantierte Religionsfreiheit. Friedrichstadt galt damals als Stadt der Toleranz. Mehrere Religionsgemeinschaften (Remonstranten, Quäker, Unitarier, usw.) konnten sich bilden und lebten friedlich zusammen.

Kennt man die Geschichte, sieht man die Dinge anders. Wir schlendern durch die Straßen, genießen  kleine Fußgängerzonen, promenieren über den hübschen Marktplatz und an den Grachten entlang. Kleinkunst und Kultur überall. Zauberhaft. Nicht wenige Häuser haben bunte Reliefs oder Medallions über dem Eingang, die auf frühere Besitzer oder die Erbauer hinweisen. Allein die verschiedenen Motive zu suchen macht richtig Laune.

Zum Holland-Feeling gehört natürlich auch eine Grachtenfahrt. Noch besser: Wir leihen uns ein Kanu und paddeln selbst in Friedrichstadt und um Friedrichstadt herum. 

Friedrichstadt hat das Potential für einen Lieblingsort. Das finden auch viele andere, besonders im Sommer. Wir kommen aber auch wieder!

==> zurück zur Übersicht  Perlebucht